24. April 2017 | Politik

Parteien sind out. Wir brauchen eine echte Bewegung.

von Andreas Popp

Viele Menschen schreiben mir, und immer häufiger höre ich die bestimmt gut gemeinten Vorschläge, ich möge mich doch einer Bewegung anschließen oder sogar eine eigene gründen, in etwa so etwas wie die Parteien der alternativen Szene, zum Beispiel die AFD oder die Deutsche Mitte usw. Dazu möchte ich einmal Stellung nehmen.

Kaum jemand möchte in seinem Tatendrang bemerken, dass auch diese politischen Bewegungsapparate unter ähnlichen Verfallserscheinungen leiden, wie es auch die klassischen Mainstream-Parteien SPD, CDU, CSU, Grüne, Linke oder FDP erleben, die nachweislich viel versprachen und nahezu nichts gehalten haben,- die dabei in Wirklichkeit doch nur den Kapitalsammelbecken dienen. Gut versorgt, versteht sich.

Wer sich grundsätzlich mit Gruppierungen dieser oder ähnlicher Art ergebnisoffen beschäftigt, erkennt ohne großen Aufwand, dass die Entwicklungen immer zu denselben Ergebnissen führen, egal wie aufrichtig der Kampf für eine bessere Welt auch propagiert sein mag. Man verliert nur Zeit.

Ein Interview zu dem Thema Parteien.

 

Wenden wir uns nun dem Begriff »Bewegung« zu.

Bewegung ist Leben, Trägheit ist Abscheiden

Eine Bewegung im Sinne einer Einflussnahme wird jedoch meist nur im »Außen« gesehen, wenn man z.B. im Rahmen einer »Graswurzelbewegung« hinter einem Demonstrationszug herläuft, um seine Meinung zu unterstreichen. Das Wählen von alternativen Parteien wird ebenfalls gern einer Eigenbewegung zugeordnet. Doch ist es wirklich so einfach? Das Abgeben der Stimme ist auch ein Stückweit eine Abgabe der Eigenverantwortung. Diese wichtige Erkenntnis kann man jenseits der politischen Aktivitäten für das gesamte Leben ableiten, um es kurz auf den Punkt zu bringen.

Wie oft hört man Sätze wie: »Ich bin tief bewegt«

Dabei handelt es sich meist um Gefühls-Reaktionen, die auf gewisse Erlebnisse oder Erschütterungen beruhen. Reagieren ist das Gegenteil von Agieren. Und hier gilt es anzusetzen. Wer sich wirklich bewegen will, um etwas zu ändern, muss sich mit sich selbst auseinandergesetzt und den Sinn seiner Existenz und seiner Aufgaben erarbeitet haben. Es beginnt eine ganz spezielle Art der Bewegung und eine echte Eigenverantwortung tritt ein.

Der erste Impuls in dieser verirrten Zeitqualität könnte nun sein: »Für eine solche philosophische Herangehensweise haben wir nun wirklich keine Zeit mehr«. Und dann folgen eine Menge Beschreibungen unserer politischen, wirtschaftlichen und ökonomischen Verwerfungen, die bei seriöser Analyse eindeutig auf einen Niedergang der Menschheit abzielen. Ich verstehe ja die erste normale Reaktion, sofort loslegen zu wollen, aber genau darauf möchte ich auch hinaus. Wir »verschwenden« eher unsere Zeit, wenn wir in blindem Aktionismus, was genau genommen eher als »Reaktionismus« bezeichnet werden sollte, uns Gruppierungen anschließen, deren Schicksal systemisch schon von Vornherein feststeht.

Der physische Druckausgleich

Um im Äußeren wirklich etwas zu bewegen, muss man im Inneren stabil und lebendig aufgestellt sein. Für diese notwendige Stabilität braucht es eine unbedingte Ausgeglichenheit.

Ziehen wir die Naturwissenschaft heran und betrachten unseren Körper einmal gewagt als einfaches »Hohlgefäß«, ähnlich einem geschlossenen, aber dünnwandigen Behälter, wie man ihn in jeder Küche vorfinden kann: Ein unglaublicher Luftdruck der Atmosphäre wirkt auf dieses Gefäß und würde es erdrücken, wenn nicht im Inneren ein entsprechender Gegendruck vorhanden wäre. Würde man nun dieses Gefäß erhitzen, geraten die Moleküle im Inneren des Glases in hektische Bewegungen, die immer weiter zunehmen.

Der Wissenschaftler und Autor Richard Steinpach vergleicht diese Situation mit einem Gefangenen in Einzelhaft, der gezwungen wird, in seiner dreimal drei Meter großen Zelle immer schneller zu laufen. Nach ein paar Schritten kommt die Wand und er muss wenden, um nach der gleichen Anzahl von Schritten an die gegenüberliegende Wand zu prallen. Je schneller er wird, desto größer wird der Innendruck auf die Wände beim Aufprall. Bei zu großer Bewegung der Moleküle zerplatzt der Behälter, da der atmosphärische Druck der Expansionskraft nicht mehr standhalten kann. Der Ausgleich der Druckverhältnisse ist also äußerst relevant.

Der geistige Druckausgleich

Diese physischen Eigenschaften lassen sich auch auf unser geistiges Leben übertragen. Dazu muss man im ersten Impuls erkennen, dass wir nicht unser Körper sind, sondern einen Körper haben. Selbst ein Atheist sagt nicht: »Ich bin ein gesunder Körper«, sondern »Ich habe einen gesunden Körper«. Er unterscheidet also offenbar aus einer inneren Intuition, dass der Mensch und sein materieller Körper nicht eins sind, sondern dieser biologische Mantel von uns »bewohnt« wird.

Das ist auch richtig, aber bevor die Evolutions-Junkies 😉 hier hineingrätschen, kurz eine Klarstellung. Die Evolutionstheorie ist gewissermaßen richtig, bezieht sich aber lediglich auf die körperliche Entwicklung, wie man es im Rahmen einer Schwangerschaft bei der Heranreifung von der Zygote zum Babykörper in einer Art Zeitraffer beobachten kann.

Nun unterscheiden wir aber selbst bei der Entwicklung eines Autos zwischen dem Fahrzeug und dem Fahrer, um eine ganz einfache Metapher zu bringen. Das eigentliche »Ich« und sein Körper sollten also klar getrennt gesehen werden, um die menschlichen Zusammenhänge überhaupt verstehen zu können. Das tiefe Innere, ich nenne es gewagt den »Piloten« unseres Körpers nennt man Geist, was nichts mit »Gespenstern« zu tun hat. Dieser Geist ist nicht materiell, sondern (wie es das Wort schon sagt) geistig, also mit physikalischen Gerätschaften nicht messbar. Das muss es aber auch nicht, wenn man wahrhaftig beginnt, dieses Leben zu verstehen. Den Begriff Geist durch Seele zu ersetzen, ist bei einfacher Betrachtung ebenfalls in Ordnung.

Ähnlich dem atmosphärischen Druck auf den gerade genannten materiellen Hohlkörper wird auch unser geistiges – bzw. seelisches Innenleben durch einen gewaltigen Druck belastet. Dieses Pressen nimmt mit dem ständigen technischen Fortschritt immer weiter zu. Fortschritt kommt ja von »fort schreiten« und die Frage muss erlaubt sein, wovon diese heutige Menschheit eigentlich fortschreitet.

Wer in dieser Zeit beruflich bestehen will, oder gar Karriere machen möchte, kennt diesen Druck nur zu genau. Aber auch bei den einfachen Dingen. Wenn man z.B. bei dichtem Straßenverkehr mit dem Wagen nach Hause fährt, oder »schnell« noch einen Parkplatz suchen muss, oder schlicht einen neuen Fernseher einprogrammiert, alles verursacht einen gewissen Druck auf den geistigen Bereich unseres Körpers. Wer hier nicht wachsam ist, läuft Gefahr erdrückt zu werden. Die steigende Anzahl der Depressionen, Burnouts und schlimmstenfalls sogar Suizide sind ein deutliches Indiz für diese Entwicklung. Durch einen wahren geistigen Druckausgleich lassen sich diese Gefahren eliminieren. Wie oft hört man von Menschen, die unter einer »inneren Leere« leiden. Deutlicher kann man es kaum ausdrücken, den mangelnden geistigen Innendruck zu beschreiben.

Wie aber erreicht man den notwendigen Druckausgleich?

Die Menschheit existiert seit zigtausenden von Jahren, aber weiß bis heute nicht wozu. Im Rahmen unserer verstandesüberzüchteten Welt gibt es sogar Menschen die behaupten, man könne diese Frage nach dem Sinn des Lebens nicht beantworten. Unglaublich, wie weit wir uns über die letzten paar tausend Jahre zurückentwickelt haben. Eine klare und sinnhafte Nutzung unserer geistigen Verbindung zu den Gesetzen der Natur haben wir nahezu völlig verlernt. Ich könnte eine »Verbindung zur Schöpferkraft« schreiben, aber dann gehen bei vielen Lesern die Augenbrauen hoch, da man sofort an religiöse Institutionen denkt.

Ich behaupte, dass der Satz: »Ich erkenne die Natur an und unterstelle mich ganz klar deren Gesetzen« identisch mit dem Satz ist: »Ich unterstelle mich demütig Gott dem Herrn«. Die Tatsache, dass zwischen diesen beiden Sätzen eine klare Unterscheidung interpretiert wird, beweist den dogmatisch verursachten Verwirrungsfaktor auf der Erde. Mit Gott ist kein alter Mann mit Bart gemeint, sondern eine Metapher zu der Schöpfungskraft, die z.B. ein Samenkorn zu einem großen Baum heranwachsen lässt, in dessen Baumkrone die Vögel zwitschern.

Bevor Sie, lieber Leser die Augen verdrehen, fragen Sie sich doch bitte, warum ich mit meiner wissenschaftlich geprägten Reputation diese Worte wähle, zumal ich jedwede Kirche oder sonstige religiöse Institutionen oder Sekten ablehne. Nein, es geht darum, diese Naturkraft wieder zu entdecken, um auf dieser Basis auch wieder einen klaren Verstand zu erhalten, der unter der Führung der Intuition (sprich des Geistes) seinen Dienst verrichtet.

Die Anerkennung des Menschen, sich als Teil dieser vollkommenen Natur und nicht als Krone zu verstehen, verursacht genau durch diese Justierung eine innere Bewegung. Der Geist erkennt die gesunde Entwicklung und beginnt zu schwingen, ähnlich der Moleküle im materiellen Gefäß. Durch diese geistige Bewegung entsteht Wärme, der Innendruck steigt endlich wieder an, bis die innere Leere überwunden ist.

Mit dem Ausgleich ist nicht eine Ruhephase zum täglichen Stress gemeint, wie man oft irrtümlich glaubt. Da gibt es Menschen, die sich drei Wochen an den Strand legen, um »die Seele baumeln zu lassen«. Diese aber sollte gerade nicht träge baumeln, sondern stattdessen aktiv schwingen, um dem seelischen Ausgleich des Außendrucks standzuhalten.

Körperliche Aktivphasen brauchen natürlich körperliche Ruhezeiten, um den physischen Körper in den Ausgleich zu bekommen. Der Geist aber braucht Bewegung zum Ausgleich, um voller Energie komprimiert wirken zu können. Typische Sätze wie: »Ich suche „Zerstreuung“, um wieder zu Kräften zu kommen«, beweisen deutlich die völlige Verwirrung der Menschheit. Sich zerstreuen bedeutet übertragen der Wunsch nach einer eigenen Sprengung, wenn man es wörtlich nimmt.

Manche alternative Personen versuchen sich in einer vermeintlich esoterischen Philosophie vom weltlichen Geschehen abzukoppeln. Sie halten sich dann aus allem heraus, hängen planlos mit verklärtem Blick herum und betrachten damit ihre innere Leere, was sie begrüßen…

Andere wiederum nehmen einen irrsinnigen Kampf gegen unbesiegbare Gegner im Rahmen einer Partei o.ä. auf und zerreiben sich dabei selbst…

Fazit:

Ich möchte den Lesern dieses Textes empfehlen, die obigen Worte wirken zu lassen, um dann aus einer inneren sich gewaltig multiplizierenden Bewegung die bevorstehenden Umbrüche entspannt durchzustehen und zu gestalten. Es liegt an uns, dieser Bewegung anzugehören.

In dem neuen Buch von Eva Herman und mir Lasst uns einfach mal über den Tod sprechen wird im ersten Schritt vermittelt, dass es diesen »Tod«, wie er uns durch Religionen oft vermittelt wird, gar nicht geben kann. Eine enorm wichtige Erkenntnis für unser Dasein.

Mit diesem Bewusstsein als Basiswerk schließt sich eine weitere Buchempfehlung an: Menschheit im Umbruch von Milorad Krstic.

Verschwenden wir also lieber nicht unsere Zeit mit neuen oder alten Parteien, sondern bilden wir eine gemeinsame Bewegung ganz ohne »Führer« und Kassenwart….

 

Ihr Andreas Popp, April 2017