2. Januar 2016 | Politik

Kleines Asylrecht – Einreise ins Abschiebeverbot

von Prof. Dr. iur. Karl Albrecht Schachtschneider

Die Massenzuwanderung vollzieht sich im Wesentlichen nicht mittels des Asylgrundrechts oder des subsidiären Schutzrechts, über die ich vor einiger Zeit geschrieben habe (www.wissensmanufaktur.net/verfassungswidrige-einwanderung), sondern mittels des Flüchtlingsstatus des internationalen Schutzsystems, der den Fremden zuerkannt wird. Man spricht von Konventionsflüchtlingen oder Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention, den GFK-Flüchtlingen. Zugleich wird der Begriff des Flüchtlings allerdings auch umfassend für alle Menschen gebraucht, die woanders als in ihrer Heimat vor Gefahren oder vor unerwünschten Lebensverhältnissen Schutz oder auch nur ein besseres Leben suchen.

In diesem Beitrag geht es um das Recht zur Masseneinreise von Konventionsflüchtlingen nach Deutschland, denen, wenn sie in das Land eingereist sind, der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, der ihre Abschiebung verbietet.

Nicht einschlägig sind die Regelungen der §§ 22 ff. des Aufenthaltsgesetzes über den Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen. Sie ermächtigen, in ihrer Weite verfassungsrechtlich mehr als bedenklich, den Bund oder die Länder, Ausländern Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen, begründen aber als solche keine Einreisrechte. Ausländer, die auf Grund einer Aufenthaltserlaubnis einreisen, reisen legal ins Land. Genausowenig geht es um all die anderen Einreiseerlaubnisse nach §§ 16 ff. Aufenthaltsgesetz für Studium und Ausbildung oder nach §§ 18 ff. Aufenthaltsgesetz für qualifizierte Geduldete zwecks Beschäftigung, für Absolventen deutscher Hochschulen qualifizierte Fachkräfte, Hochqualifizierte, für Inhaber von Blue Cards, für Forschung, für Selbständige. Es geht auch nicht um Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nach §§ 27 ff. Aufenthaltsgesetz.

Auch die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus wie die des subsidiären Schutzes gibt nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis. Das setzt aber diese Zuerkennung und damit die berechtigte Einreise voraus.

Flüchtlingsbegriff der GFK und des § 3 Asylgesetz

Ein Ausländer ist nach § 3 Asylgesetz Flüchtling im Sinne des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951/31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GFK), wenn er sich, von Ausnahmetatbeständen abgesehen, aus begründeter Furcht vor (schwerwiegender) Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet.  Die Vorschrift regelt in Übereinstimmung mit der GFK und der sogenannten Qualifikationsrichtlinie der Europäischen Union (2004/83/EG; novelliert in 2011/95/EU) Näheres, insbesondere die verschiedenen, schwer zu handhabenden Ausschlußgründe von dieser Anerkennung.
§ 3 Asylgesetz lautet:

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
    a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
    b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1. ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,

2. vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder

3. den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.

Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes.

Exklusionsklauseln der Flüchtlingseigenschaft

Die Flüchtlingseigenschaft hängt auch von Tatbeständen ab, die den Status ausschließen, sogenannten Exklusionsklauseln, negativen Tatbestandsmerkmalen. Sie sind u. a. in § 3 Abs. 2 Asylgesetz geregelt, der soeben zitiert wurde.

Nicht nur die „begründete Furcht“ des Ausländers „vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz) und der Umstand, daß er den Schutz „des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt“ „nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will“ (Nr. 2), die sogenannten Inklusionsgründe, müssen in jedem Einzelfall ermittelt werden, sondern auch, ob die zitierten Exklusionsklauseln, die negativen Tatbestandsmerkmale, eingreifen.

Die Morde der Miliz des Islamischen Staates etwa sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wenn ein islamischer ‚Kämpfer‘ sich in den Flüchtlingsstrom einreiht, ist er kein Flüchtling. Die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen sind weitgehend. Es ist vor allem das Ziel des Weltfriedens. Dem genügt nicht, wer einen fremden Staat mit Gewalt bekämpft, aber auch nicht, wer den eigenen Staat mit Gewalt bekämpft, ohne dafür einen Rechtsfertigungsgrund zu haben. Die Ausländer müssen wegen der Straftaten nicht verurteilt sein. Die Flüchtlingsbehörden müssen den Antragstellern die Straftaten nicht als negative Tatbestandsmerkmale beweisen. Es genügt nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Asylgesetz vielmehr, daß „aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist“, die Ausschlußgründe seien gegeben. Hinzu kommen all die Gründe, die wegen der Mißachtung des Schutzes, den andere Unionsländer hätten leisten können und leisten müssen, die auch Asylbegehren entgegenstehen würden, wie das die Analogie zum Asylverfassungsrecht gebietet, wenn etwa ein Ausländer sich nicht in dem Mitgliedstaat des Europäischen Union registrieren läßt (Art. 13 der Dublin III-Verordnung), in den er, illegal, zuerst einreist oder wenn er über seine Staatsangehörigkeit täuscht, wie das vermutlich viele der ‚Flüchtlinge‘ getan haben, die vorgegeben haben, Syrer zu sein. Die Behörden gehen nach Presseinformationen davon aus, daß 30% der Flüchtlinge über ihre Herkunft täuschen. Gefälschte Pässe haben nach allem, was zu lesen ist, reißenden Absatz gefunden. Nach Art. 49 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung ist diese auf den internationalen und damit auch auf den Flüchtlingsabschiebeschutz anzuwenden. § 18 Abs. 2 Nr. 2 Asylgesetz, der im Folgenden zitiert wird, erweist diese Rechtslage. Der notwendige „Anhaltspunkt“ ergibt sich daraus, daß die Flüchtlinge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union anreisen.

Einreiseverbot der § 15 Aufenthaltsgesetz und § 18 Asylgesetz

Die GFK-Flüchtlingseigenschaft begründet kein Einreiserecht nach Deutschland. § 15 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz schreibt ein allgemeines Einreiseverbot vor. Er lautet:

„Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen“.

Eine Einreiseerlaubnis wegen der GFK-Flüchtlingseigenschaft ist den Gesetzen nicht zu entnehmen. Zu bedenken ist die analoge Anwendung des § 18 Abs. 1 Asylgesetz, der dem Wortlaut nach nur anzuwenden ist, wenn ein Ausländer „um Asyl nachsucht“.

§ 18 Asylgesetz lautet:

(1) Ein Ausländer, der bei einer mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde (Grenzbehörde) um Asyl nachsucht, ist unverzüglich an die zuständige oder, sofern diese nicht bekannt ist, an die nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weiterzuleiten.

(2) Dem Ausländer ist die Einreise zu verweigern, wenn

1. er aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) einreist,

2. Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und ein Auf- oder Wiederaufnahmeverfahren eingeleitet wird, oder

3. er eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er in der Bundesrepublik Deutschland wegen einer besonders schweren Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist, und seine Ausreise nicht länger als drei Jahre zurückliegt.

(3) Der Ausländer ist zurückzuschieben, wenn er von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird und die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen.

(4) Von der Einreiseverweigerung oder Zurückschiebung ist im Falle der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) abzusehen, soweit

1. die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist oder

2. das Bundesministerium des Innern es aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland angeordnet hat.

(5) Die Grenzbehörde hat den Ausländer erkennungsdienstlich zu behandeln.

§ 18 Abs. 2 Asylgesetz greift im übrigen für alle Ausländer, die kein Recht zum Aufenthalt in Deutschland aus einem besonderen Rechtstitel und auch kein Recht zur Einreise nach Deutschland oder zur Durchreise durch Deutschland haben, etwa auf Grund der Freizügigkeit für die Unionsbürger oder auf Grund eines Visums.

Fast alle Ausländer, die internationalen Schutz in Deutschland suchen, beantragen Asyl. Die Formulare für die Schutzanträge verbinden auch das Asylbegehren mit dem Antrag auf Abschiebeschutz aus der GFK-Flüchtlingseigenschaft.

Freilich muß die analoge Anwendung die ganze Vorschrift des § 18 Asylgesetz umfassen, wie unten noch näher ausgeführt wird. Allerdings schafft Absatz 4 des § 15 Aufenthaltsgesetz eher Verwirrung, weil er das Zurückweisungsverbot wiederum auf die Ausländer beschränkt, die einen Asylantrag gestellt haben, solange ihnen der Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Asylgesetz gestattet ist, also für das Asylverfahren. Die „entsprechende Anwendung“ der Abschiebeverbote des § 60 Aufenthaltsgesetz, die Absatz 4 vorsieht, spricht jedoch für die analoge Anwendung. Dieser Absatz lautet:

„§ 60 Abs. 1 bis 3, 5 und 7 bis 9 ist entsprechend anzuwenden. Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, darf nicht zurückgewiesen werden, solange ihm der Aufenthalt im Bundesgebiet nach den Vorschriften des Asylgesetzes gestattet ist“.

Sollte es ein Anordnung des Bundesministeriums des Innern auf Grund des Absatz 4 Nr. 2 des § 18 Asylgesetz geben, wäre sie verfassungswidrig, jedenfalls wenn sie auf „humanitäre Gründe“ gestützt wäre, wie ich schon im Beitrag vom 5. September 2015 dargelegt habe. Humanitäre Gründe vermögen nicht Gesetze oder gar die Verfassung eines Rechtsstaates relativieren. Allemal müßte der Ermächtigungsbereich eng auf besondere, typisierte Ausnahmefälle restringiert werden.  Der Begriff „humanitär“ ist gänzlich unspezifisch und damit rechtsstaatswidrig unbestimmt. Jedenfalls ist die Ermächtigung mit Art. 16 a Abs. 2 GG unvereinbar. Das gilt auch für die „Wahrung politscher Interessen der Bundesrepublik Deutschland“. Die ‚Willkommenskultur“ in Deutschland verletzt die Interessen Deutschlands existentiell und wird auch von allen andern Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Recht abgelehnt. Jetzt hat auch Schweden seine Grenzen geschlossen.

Auf das Asylrecht begrenzte Relevanz des § 26 a Asylgesetz

Der unten dargelegten (vgl. schon dem Beitrag zum Asyl- und zum subsidiären Schutzrecht) analogen Anwendung des Art. 16 a Abs. 2 GG steht § 26 a Asylgesetz nicht entgegen: Er lautet:

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1. der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,

2. die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder

3. der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Diese Vorschrift könnte zu der Annahme verleiten, die GFK-Flüchtlinge, die nach Deutschland einreisen wollen, um den Schutz des Flüchtlingsstatus zu erreichen, müßten sich nicht entgegenhalten lassen, daß sie aus einem sicheren Drittstaat, insbesondere aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union kommen, weil ihr Schutz nicht in Art. 16 a GG geregelt sei. Es wäre hilfreich gewesen, wenn der Gesetzgeber klargestellt hätte, daß die Grenzen des Schutzprinzips auch für alle Gruppen des internationalen Schutzes greifen. Die Unklarheit des Gesetzes zeigt sich in der irregeleiteten Praxis der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, also des kleinen Asyls. Man könnte sich mit dem Hinweis auf den oben zitierten § 15 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz begnügen. Aber hinzu kommt:

Die Begrenzung der Vorschrift auf das Asylrecht folgt aber aus den unterschiedlichen Schutzrechten der drei verschiedenen Schutzgruppen. Die drei Schutzrechte sind das menschenrechtliche, aber nationale Asylgrundrecht, das internationale subsidiäre Schutzrecht und der Flüchtlingsstatus, der auch zum internationalen Schutz gehört. Jedenfalls ist wegen der zwingenden Analogie zu Art. 16 a Abs. 2 ff. GG eine verfassungskonforme Interpretation der Schutztatbestände geboten.

Das Asylgrundrecht, wenn sich denn der Ausländer auf dieses berufen kann, d. h. nicht aus einem sicheren Drittstaat einreist, gibt nach der Praxis, insbesondere in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, und der fast allgemeiner Lehre ein subjektives Recht auf die Asylgewährung, mit dem das Einreiserecht nach Deutschland und die Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens in Deutschland verbunden sind. § 55 Abs. 1 Asylgesetz gibt der Aufenthaltsgestattung eine gesetzliche Grundlage; § 18 Abs. 1 Asylgesetz legt sie zugrunde. Demgegenüber begründen weder die Flüchtlingseigenschaft noch das subsidiäre Schutzrecht ein Einreiserecht. Der Flüchtlingsstatus führt zum Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz, nichts anderes.  Das subsidiäre Schutzrecht gibt nach deutschem Recht auch kein Einreiserecht. § 18 Abs. 1 Asylgesetz verschafft nur den Ausländern, die „um Asyl nachsuchen“, ein Recht zur Einreise, denn sie sind „unverzüglich an die zuständige oder, sofern diese nicht bekannt ist, an die nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weiterzuleiten“. Allen anderen Ausländern ist die Einreise nach Absatz 2 des § 18 Asylgesetz zu verweigern, wenn nicht andersartige Einreiserechte wie die Unionsbürgerschaft, Aufenthaltsrechte, Visa bestehen. Die Vorschrift des § 26 a Asylgesetz ist als solche auch kein Einreiseverbot für politisch Verfolgte, die ein um Asyl nachsuchen, denn es regelt die Fälle von Asylbewerbern, die bereits eingereist sind, denen aber die Anerkennung als Asylbewerber zu versagen ist, wenn sie aus einem sichere Drittstaat eingereist sind.

Absatz 1 Nr. 3 des § 26 a Asylgesetz stehen die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken wie § 18 Abs. 4 Nr. 2 Asylgesetz wegen der Rechtsstaatswidrigkeit der Tatbestandsmerkmale und wegen des Verstoßes gegen Art. 16 a Abs. 2 GG entgegen.

Der Verweis auf § 26 a Asylgesetz in § 18 Abs. 2 Asylgesetz bedeutet somit, daß erstens das Einreiseverbot für alle Ausländer gilt, die ein Schutzrecht geltend machen, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisen.

Zweitens ergibt die Analogie zu Art. 16 a GG, daß Ausländer, die aus einem sicheren Drittstaat (nach § 26 a Abs. 3 Asylgesetz einschließlich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union) eingereist sind, nicht der Flüchtlingsstatus als das kleine Asylrecht zuerkannt werden darf.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, daß die Mitgliedstaaten über die Einreiseerlaubnis für Ausländer entscheiden, nicht die Europäische Union.

Kein Recht zur Einreise aus Gesetzen der Europäischen Union

Aus der Neufassung der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes könnte man ein Einreiserecht auch für Ausländer, die internationalen Schutz anstreben, herzuleiten versucht sein. In deren Art. 8 Abs. 1 heißt es:

(1) Gibt es Anzeichen dafür, dass Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die sich in Gewahrsamseinrichtungen oder an Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen, einschließlich Transitzonen, befinden, möglicherweise einen Antrag auf internationalen Schutz stellen möchten, so stellen ihnen die Mitgliedstaaten Informationen über die Möglichkeit hierzu zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten treffen an diesen Gewahrsamseinrichtungen und Grenzübergangsstellen Sprachmittlungsvorkehrungen, soweit dies notwendig ist, um die Inanspruchnahme des Asylverfahrens zu erleichtern.

Diese Bestimmung wie auch weniger deutlich andere legen nahe, die Schutz suchenden Ausländer im Land aufzunehmen, um deren Anträge auf internationalen Schutz, zu dem auch die Anerkennung des Flüchtlingsstatus gehört, prüfen zu können. Aber es geht dem Wortlaut nach um die Informationen und sprachliche Hilfen gegebenfalls auch an Gewahrsamseinrichtungen oder Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen. Es geht auch in der Sache nicht um mehr, insbesondere nicht um das Recht zur Einreise. Nirgends ist in den Unionsgesetzen von einem Recht zu Einreise die Rede. Das wäre auch untragbar. Es gibt nach Angabe der UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) etwa 60 Millionen Flüchtlinge in der Welt. Alle Mitgliedstaaten der Union wären, unabhängig von den Verteilungsregelungen, die im Übrigen bislang gescheitert sind, verpflichtet, 60 Millionen Flüchtlinge in ihr Land einreisen zu lassen, diese unterzubringen und zu versorgen, Malta wie Deutschland. Das wäre absurd. Eine solche Regelung wäre vor allem mit der Souveränität der Staaten unvereinbar, der Souveränität, die stetig in den völkerrechtlichen Texten des internationalen Schutzrechts herausgestellt wird. Zu dieser Souveränität gehört in erster Linie, daß jedes Volk allein bestimmt, wer in sein Staatsgebiet einreisen darf. Es hat die unionalen Integrationisten und Globalisten sicherlich geschmerzt, daß sie den Mitgliedstaaten nicht die Pflicht okroyieren können, jeden Flüchtling in ihr Land zu lassen, wie man den Beschimpfungen der Länder entnehmen kann, die die Gesetze achten, insbesondere Ungarn. Es ist ein geradezu imperativischer Moralismus entfacht worden, jeden Ausländer, der an die Grenze kommt, in das Land zu lassen, vor allen von deutscher Seite. Aber kein anderer  Mitgliedstaat folgt Deutschland in die Rechtlosigkeit. Auch Schweden hat das aufgegeben. Ich habe schon in dem Beitrag von 5. September 2015 herausgestellt, daß es keine Moral oder Humanität zu Lasten des Rechts gibt und geben kann. Art. 38 Abs. 4  der Rl. 2013/ 32 EU stellt zudem klar:

(4) Erlaubt der Drittstaat dem Antragsteller nicht, in sein Hoheitsgebiet einzureisen, so müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II Zugang zu einem Verfahren gewährt wird.

Das Verfahren, zu dem Zugang zu gewähren sichergestellt werden soll, muß nicht im Zielland des Ausländers, also Deutschland, durchgeführt werden. Es kann in gänzlich anderer Weise erfolgen, etwa in Botschaften, in dritten Staaten, so in deren Auffanglagern wie in der Türkei, oder in Auffanglagern vor der Grenze, die keine Einreise in das Land bedeuten, die zu einem Abschiebeverbot, also zum kleinen Asyl führen können. Auch die Regelung des Abs. 4 des Art. 38 der Rl. 2013/32 EU ist völkerrechtlich und staatsrechtlich fragwürdig, weil sie wegen der Massenzuwanderung undurchführbar werden kann und undurchführbar geworden sein dürfte. Sie kann nur im Rahmen der tragfähigen Möglichkeiten verbindlich sein. Jedenfalls ist die Hoheit der Mitgliedstaaten über ihr Gebiet und damit die über die Einreise von Ausländern als Kern der Souveränität der Bürgerschaften unberührbar.

Die Einreise der GFK-Flüchtlinge etwa aus Syrien, die über sichere Drittstaaten, insbesondere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, nach Deutschland kommen, ist somit gesetzwidrig und verfassungswidrig. Sie findet nicht einmal eine Rechtsgrundlage in den Richtlinien und Verordnungen der Union.

Weitere Argumente gegen das Recht zur Einreise aus der
Dublin III-Verordnung und der Schengen Durchführungsverordnung

Die Dublin III-Verordnung stellt bereits in ihrem Erwägungsgrund 10 klar, daß die Regelungen für alle Arten des internationalen Schutzes gelten, nämlich:

Zur Wahrung der Gleichbehandlung aller Personen, die internationalen Schutz beantragt haben oder genießen, und der Übereinstimmung mit dem geltenden Asylrecht der Union, insbesondere mit der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes ( 2 ) umfasst der Anwendungsbereich dieser Verordnung Personen, mit Anrecht auf subsidiären Schutz.

Art. 2 lit. b dieser Verordnung definiert den Begriff des internationalen Schutzes durch Verweis auf Art. 2 lit. h der Richtlinie 2011/95 EU, der Qualifikationsrichtlinie also. Der Begriff umfaßt das Asylrecht, den internationalen Schutz der Konventionsflüchtlinge und den internationalen subsidiären Schutz.

Das Schengen-Durchführungsübereinkommen vom 14. Juni 1985 (in der Fassung von 2010 nach Änderung durch VO (EU) Nr. 265/2010; SDÜ) definiert einen Begriff des „Asylbegehrens“, der den Konventionsschutz einschließt.  Der Teilsatz 11 des Art. 1 SDÜ, der die Begriffe der Verordnung definiert, lautet:

„Asylbegehren: jeder an der Außengrenze oder im Gebiet einer Vertragspartei in Europa schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerte Wunsch eines Drittausländers mit dem Ziel, den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 über den Flüchtlingsstatus in der Fassung des Protokolls vom 31. Januar 1967 zu erlangen und als solcher ein Aufenthaltsrecht zu genießen“;

Demgemäß gelten auch die Absätze 1 und 2 des Art. 29 SDÜ, die klarstellen, daß die Unionsregelungen die Einreisehoheit der Mitgliedstaaten unberührt läßt,  für die Konventionsflüchtlinge. Sie lauten:

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, jedes Asylbegehren, das von einem Drittausländer in dem Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien gestellt wird, zu behandeln.
(2) Diese Verpflichtung führt nicht dazu, dass in allen Fällen dem Asylbegehrenden die Einreise in das Hoheitsgebiet der betreffenden Vertragspartei gewährt werden muss oder er sich dort aufhalten kann.
Jede Vertragspartei behält sich das Recht vor, einen Asylbegehrenden nach Maßgabe ihres nationalen Rechts und unter Berücksichtigung ihrer internationalen Verpflichtungen in einen Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Die Hoheit der Völker über ihr Gebiet und damit die Einreishoheit bleibt somit unangetastet.

Analoge Anwendung des Art. 16 a Abs. 2 ff. GG

Die analoge Anwendung des Art. 16 a Abs. 2 ff. GG erzwingt eine restriktive Interpretation der Qualifikationsrichtlinie und des Asylgesetzes, aber auch der Verfahrensrichtlinie 2013/32 EU, soweit diesen, entgegen den Texten, das Recht der sogenannten Konventionsflüchtlinge ebenso wie der schon im Beitrag vom 5. September 2015 erörterten Kriegs- oder Bürgerkriegsflüchtlinge entnommen wird, nach Deutschland einzureisen, um einen Antrag auf internationalen Schutz, sei es der subsidiäre Schutz, sei es der Abschiebeschutz wegen der Flüchtlingseigenschaft, zu stellen, den sie in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem sicheren Drittstaat hätten stellen können, in den sie zunächst gekommen sind. Sie haben genauso wie die Asylbewerber kein solches Schutzbedürfnis mehr, weil die Verfolgungsgefahr behoben ist. 1993, als die Asylrechtsverfassung Deutschlands geändert wurde, gab es den internationalen Schutz nicht. Sonst wäre er in die neue Asylverfassung des Grundgesetzes einbezogen worden, zumal die Gefahren in vielen, wenn nicht den meisten Fällen von Kriegen und Bürgerkriegen oder der Verfolgung entgegen den Prinzipien der Genfer Flüchtlingskonvention diskriminierter Menschen ausgehen, die im Zeitpunkt der Asylverfassungsnovelle genausowenig wie jetzt ein Asylrecht begründet haben.

Auf die Gleichbehandlung von Asylbegehren und internationalen Schutzanträgen sind die Regelungen der Qualifikationsrichtlinie wie auch der Dublin III-Verordnung und deren deutsche Umsetzungsgesetze zugeschnitten. Es gilt darum auch der souveränitätsrechtlich ohnehin gebotene asylrechtliche nationale Regelungsvorbehalt des Art. 29 Abs. 2 S. 2 des Schengen-Durchführungsübereinkommens, der soeben zitiert ist. Der Analogie steht der Vorbehalt des Absatzes 5 des Art. 16 a GG nicht entgegen, weil dieser nur „Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen“ betrifft. Die Einschränkung des Grundrechts auf das Asylrecht ist aber material, weil kein Schutzbedürfnis besteht (BVerfGE 94, 49 ff. Rn. 166, 190). Das ist für das Bedürfnis nach internationalem Schutz nicht anders. Den kann der Mitgliedstaat der Europäischen Union leisten, in den der Konventionsflüchtling nicht anders als der Kriegs- oder Bürgerkriegsflüchtling in die Europäische Union eingereist ist. Er ist zu diesem Schutz, wenn er geboten ist, auf Grund der Dublin III-Verordnung verpflichtet. Diese Rechtslage ist bislang nicht gerichtlich klargestellt und dürfte wegen der ihr widersprechenden Praxis in Zweifel gezogen werden. Aber Art. 16 a Abs. 2 ff. GG müssen, wenn sie schon das starke Asylgrundrecht einschränken, erst recht gelten.

Nichtigkeit der praktizierten Flüchtlingsanerkennung

In jedem Flüchtlingsanerkennungsfall sind mannigfache Tatbestandsmerkmale und damit Umstände zu ermitteln. Das ist aufwendig und kostet Zeit. Dennoch ist ein ‚Durchwinken“ der Ausländer als Flüchtlinge, nachdem oberflächlich durch ausländische Helfer ohne jede Befähigung zur Amtswaltung in Deutschland festgestellt wurde, daß sie Syrer seien, einen schwerer Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der Personalrat der Bundesanstalt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat mit Schreiben vom 12. November 2015 an den Präsidenten der Anstalt kritisiert, daß eine Identitätsprüfung von vermeintlichen Syrern nicht stattfinde, ein ebenso bemerkenswerter wie couragierter Schritt. Man lasse die Selbstauskunft durch Anhaken eines dafür vorgesehen Kästchen genügen. Etwa 30 % der Selbstidentifikationen seien falsch, soll der Bundesinnenminister Thomas de Maizière eingeräumt haben. Folglich sind alle unbrauchbar. Dieser schwerwiegende Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip ist offensichtlich und macht die Flüchtlingsanerkennungsbescheide als Verwaltungsakte nach § 44 Abs. 1 VerwVerfG nichtig, ganz abgesehen von den Gesetzesverstößen und vor allem dem Verfassungsverstoß der Flüchtlingspraxis. Die Verwaltungsakte erkennen den Flüchtlingsstatus somit nicht rechtswirksam an, verschaffen also den betroffenen Ausländern das kleine Asylrecht nicht.

Abschiebeverbot wegen des Flüchtlingsstatus

Die Flüchtlingseigenschaft bewirkt auf Grund des § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ein Abschiebeverbot, in der gegenwärtigen Masseneinwanderung der meist gewährte Bleibeschutz in Deutschland.

§ 60 Aufenthaltsgesetz lautet insgesamt:

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

Das Verbot des Refoulement des Art. 33 Abs. 1 GFK, welches § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz in nationales Recht umsetzt, verhilft den Fremden zum ‚kleinen Asylrecht‘. Die GFK begründet keine subjektiven Rechte. Das würde dem Dualismus von Völkerrecht und Staatsrecht widersprechen. Erst die einzelstaatlichen oder nach der verfassungsrechtlich fragwürdigen, aber anerkannten Praxis auch die europarechtlichen Vorschriften, die die völkerrechtlichen Verträge in nationales oder unionales Recht umsetzen, können subjektive Rechte des einzelnen begründen, so auch § 3 Asylgesetz und § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz.

Praktisch läuft es so: Die Fremden machen an der Grenze, wenn sie überhaupt bemerkt werden, das Grundrecht auf Asylrecht geltend und werden ins Land gelassen. Das Asylrecht wird zwar fast immer abgelehnt, aber die Flüchtlingseigenschaft wird zuerkannt. Dann können die Fremden bleiben und genießen fast die gleiche Rechte, die ein anerkannter Asylberechtigter hat. Zu einer Einzelfallprüfung der Flüchtlingseigenschaft sind die Ämter kaum mehr in der Lage. Sie würde oft, wenn nicht meist ergeben, dass der Fremde kein Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention ist, etwa nicht, wenn er vor den Pflichten in der Armee seines Staates flieht. Auch Flucht vor Krieg und Bürgerkrieg führt nicht zu Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Asylgesetz, weil es an der individuellen oder gruppenmäßigen Verfolgung aus den genannten Gründen fehlt. Der Rechtsstaat hat hier abgedankt.

Schlußbemerkung

Die Massenzuwanderung nach Deutschland vollzieht sich vornehmlich mittels § 3 Asylgesetz. Diese Vorschrift definiert die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und normiert negative Tatbestandsmerkmale dieser Flüchtlingseigenschaft, d. h. Ausschlußgründe für diese, allerdings nicht abschließend. Wenn den sogenannten GFK- oder Konventionsflüchtlingen der Flüchtlingsstatus zuerkannt ist, dürfen sie nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz nicht in ein Land abgeschoben werden, in dem ihnen die die Flüchtlingseigenschaft begründende Verfolgung droht oder in denen sie das begründet besorgen.

Aus keiner Regelung der nationalen Gesetze Deutschlands, der Gesetze der Europäischen Union oder des Völkerrechts ergibt sich ein Recht der Flüchtlinge zur Einreise nach Deutschland, etwa um ihren Antrag auf den Flüchtlingsstatus prüfen lassen zu können und dann gegebenenfalls, also meist, bleiben zu dürfen. Ein solches Recht wäre auch mit Art. 16 a Abs. 2 GG, der analog anzuwenden ist, unvereinbar. Es wäre absurd, wenn Deutschland den derzeitig 60 Millionen Flüchtlingen der Welt ein Recht zur Einreise nach Deutschland einräumen wollte oder sich von internationalen Organisationen wie der Europäischen Union ein solches Recht okroyieren ließe. Das wäre mit der Souveränität der Bürger als deren Freiheit gänzlich unvereinbar. Diese Souveränität ist wesentlich die Hoheit über das Gebiet der Deutschen.

Die Flüchtlinge werden dennoch an der Grenze nicht abgewiesen. Sie werden geradezu ins Land geholt. Das ist ein unerhörter Rechtsbruch. Der Schutz der Grenze ist leicht. Man muß keine Mauer bauen, die in Deutschland die Erinnerung an die unselige Teilung des Landes wach ruft. Es gibt wirksame elektronische Grenzsicherung. Deutschland verfügt über diese Technik und verkauft sie andern Staaten, etwa Saudi-Arabien. Ohne die Ultima Ratio der Gewalt lassen sich freilich Grenzen nicht schützen. Recht ist mit der Befugnis zu zwingen verbunden (Kant, Metaphysik der Sitten). Es gibt keine Humanität, die Rechtsbrüche zu rechtfertigen vermöchte, schon gar nicht derart schwerwiegende und folgenreiche. Privates Christentum hat nichts in der Politik zu suchen. Schon gar nicht darf es die Sicherheit des Staates gefährden. Diese ist die fundamentale Pflicht der Staatsorgane. Politik hat ausschließlich das Recht zu verwirklichen, das für alle Bürger gilt, nicht nur für bestimmte Religionsgruppen. Der Staat ist ausschließlich dem Allgemeinen, dem Staatlichen, verpflichtet. Private Empathie steht Amtswaltern im Amt nicht zu. Wenn sie sich von dieser im Amt nicht freimachen können, müssen sie ihr Amt abgeben. Auch aus Religiosität kann ein Machthaber zum Tyrannen werden.

Die Verteilungsregelungen der Europäischen Union gelten auch für die GFK-Flüchtlinge, werden aber nicht umgesetzt. Wenn die Fremden über Unionsländer oder sichere Drittstaaten nach Deutschland kommen, sind sie nicht schutzbedürftig und können wegen Art. 16 a Abs. 2 GG analog in Deutschland ein Bleiberecht nicht auf ihre Flüchtlingseigenschaft stützen. Ihnen kann der Flüchtlingsstatus mit dem Abschiebeverbot nicht zuerkannt werden. Sie können und müssen (in der Regel) in die Länder zurück- oder abgeschoben werden, aus denen sie einreisen. § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz verbietet auch nur die Abschiebung in Staaten, dessen Verfolgung die Flüchtlinge fürchten müssen.

Es bleibt dabei: Die große Masse der Flüchtlinge kommt illegal nach Deutschland und hält sich hier illegal auf.

Berlin, 2. Januar 2016

Karl Albrecht Schachtschneider

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